Dorfhelfer/in

Carina (23)

„Man muss gut zuhören und organisieren können.”

Carina lernt am Ev. Dorfhelferinnenseminar Loccum.

Portrait von Dorfhelferin Carina
© privat

Stell dir vor, du hättest alle sechs Wochen eine neue Familie: neue Kinder, neue Wohnung, neuer Lebensrhythmus… ganz schön anstrengend, oder? Für Carina, die vor kurzem ihre Ausbildung am Ev. Dorfhelferinnen-Seminar Loccum abgeschlossen hat, ist das ihr normaler Arbeitsalltag. Denn sie springt in unterschiedlichsten Familien als Ersatzhausfrau ein, wenn die Mama zur Kur oder ins Krankenhaus muss, weil sie noch ein Baby bekommt. Zwar werden Dorfhelferinnen in Niedersachsen auch - wie Familienpflegerinnen - ins Hannoveraner Hochhaus vermittelt. Aber meistens werden sie - wie in Bayern üblich - auf dem Bauernhof eingesetzt.

"Ich füttere Kälber, treibe Schweine um oder helfe bei der Ernte", erzählt Carina, die sich in ihrer Freizeit mit Zumba Dance fit hält, "Die Hausarbeit teile ich mir immer auf: Montags ist das Bad dran, dienstags die Küche und mittwochs die Stube." Dazu kommt die Wäsche, ab und zu mal Kuchen backen und aufräumen. Nach ihrem Pflichtpraktikum im Kindergarten ist Carina absolut fit, was Kinderbetreuung angeht. Sie kann Babys wickeln, mit 5-Jährigen basteln und 8-Jährigen bei den Hausaufgaben helfen. Wenn eine 13-Jährige sie nicht akzeptiert, versucht Carina, ihr Vertrauen zu gewinnen: Indem sie ihr Lieblingsessen kocht! "Nudeln gehen eigentlich immer", lacht sie, "Trotzdem frage ich den Vater schon im Vorgespräch, was seine Kinder gerne mögen". Denn die sollen sich so wohl wie möglich fühlen - obwohl ihre Mama nicht da ist.

Auf einen Blick

  • Voraussetzung unterschiedlich je nach Bundesland: Hauptschulabschluss oder mittlerer Schulabschluss, teils plus abgeschlossene Erstausbildung als Hauswirtschafter oder Familienpfleger und mindestens ein Jahr Berufserfahrung (am besten auf einem landwirtschaftlichen Betrieb)
  • Schulische Ausbildung bei der Diakonie: keine Vergütung
  • Berufseinsteiger/innen verdienen als Grundgehalt bei der Diakonie: 2.170 bis 2.497 Euro (Stand 04/2022, EG 3)

Passt der Beruf zu mir?

Kindertränen trocknen gehört dazu

Im schlimmsten Fall ist die Mama ganz schwer krank. Dann musst du als Dorfhelferin trösten, darfst die Bindung aber auch nicht zu eng werden lassen. Manchmal ist die Mama mit Gipsfuß zu Hause und guckt dir über die Schulter, das wird dann psychisch anstrengend. "In einer Familie war die Mutter mit ihrem Schwiegervater zerstritten. Und dann war sie eifersüchtig, weil ich mich so gut mit ihm verstanden habe", erzählt Carina. Auf Bauernhöfen leben oft mehrere Generationen zusammen, da sind solche Konflikte vorprogrammiert. Zu den Aufgaben der Dorfhelfer gehört es nicht selten, die Großeltern zu pflegen.

Die 23-Jährige lässt sich auf die Situation ein, die sie in der jeweiligen Familie vorfindet, ohne nach dem Motto: "Ich mach das jetzt alles besser als es bisher bei euch gelaufen ist!" gleich als Supernanny daherzukommen. "Eine Dorfhelferin braucht sehr viel Einfühlungsvermögen, sollte aber auch locker bleiben, wenn ihr der Hofhund über die Füße läuft", sagt Birgit Steinmeier, die Geschäftsführerin des Ev. Dorfhelferinnenwerks in Niedersachsen, "Vor dem ersten Einsatztag in einer neuen Familie haben selbst erfahrene Kolleginnen ein Kribbeln im Bauch!" Weil Dorfhelferinnen als besonders gut ausgebildet und verlässlich gelten, bekommt Birgit Steinmeier ab und zu Anfragen von Promis. Sie schmunzelt: "Einer hat mal zu mir gesagt: Die Dorfhelferin ist der Superstar unter den Haushaltshilfen!"

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