Frauen in Führungspositionen
"Mut haben, aus Fehlern zu lernen"

Cosmina Halmageanu wird mit nur 39 Jahren Hausdirektorin und liebt die Verantwortung
Mehr als 180 Mitarbeitende und etwa genauso viele Bewohner – Heimleiterin Cosmina Halmageanu (41) hat täglich mit einer Menge individueller Bedürfnisse zu kämpfen. Diesen Kampf führt die junge Frau, die mit 23 Jahren der Liebe wegen von Rumänien nach Deutschland zieht, mit viel Energie und Lebensfreude. Mit gerade einmal 39 Jahren bekommt sie 2015 die Leitung des traditionsreichen Hauses am Maienplatz der Evangelischen Heimstifung GmbH in Böblingen anvertraut.
Frau Halmageanu, von Rumänien nach Deutschland, von der Krankenschwester zur Heimleitung – wie steinig war dieser Weg?
Cosmina Halmageanu: Ein bisschen holprig war es schon, als ich 2001 zu meinem Mann ins schöne Schwabenland gezogen bin. In Rumänien hatte ich nach dem Abitur eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und bereits erste Berufserfahrungen in einem Waisen- und einem Krankenhaus gesammelt. In dieser Zeit habe ich meinen Mann kennengelernt, der damals bereits in Deutschland lebte. Nach eineinhalb Jahren Fernbeziehung und diszipliniertem Deutschlernen habe ich mich in Deutschland sofort zuhause gefühlt. Der respektvolle Umgang miteinander, die Verlässlichkeit und diese klaren Strukturen – das alles passt total gut zu mir. Beruflich war es zunächst aber sehr schwierig, Fuß zu fassen. Ich habe mich etwa ein Jahr lang erfolglos auf diverse Stellen als Krankenschwester beworben. Mein Gefühl sagte mir, dass die Personaler beim Blick auf meinen Lebenslauf vielleicht befürchten, dass ich nicht gut genug deutsch spreche. Deshalb habe ich kurzerhand Eigeninitiative ergriffen und habe mich bei den Einrichtungen persönlich vorgestellt.
Und diese Offensive hat sich ausgezahlt?
Halmageanu: Allerdings! Im Haus Laurentius der Evangelischen Heimstiftung in Schönaich hat mich die damalige Hausdirektorin – so nennt man die Position der Heimleitung hier – kurzerhand hospitieren lassen und mich dann vom Fleck weg engagiert. Ich konnte dann dort als examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin starten, da meine Ausbildung aus Rumänien komplett anerkannt wurde. Mir hat die Arbeit dort so viel Spaß gemacht und offensichtlich bin ich damit – und mit meinen vielen neugierigen Fragen – positiv aufgefallen. Ich war ganz schön baff, als mich die dortige Wohnbereichsleiterin schon nach kurzer Zeit als Urlaubsvertretung einsetzte – und sichtlich zufrieden mit meiner Arbeit war. Das war der Start für meine Karriere bei der Evangelischen Heimstiftung. Parallel zu meiner Arbeit habe ich die zweijährige Weiterbildung zur Wohnbereichs- und Pflegedienstleitung am diakonischen Institut für soziale Berufe absolviert und etwas später das Traineeprogramm der Evangelischen Heimstiftung, das für die Position der Heimleitung qualifiziert. Als die Stelle der Hausdirektorin am Haus am Maienplatz ausgeschrieben wurde, habe ich mich einfach beworben und mich sehr gefreut, als die Entscheidung auf mich fiel.
Ganz schön viel neue Verantwortung in kurzer Zeit – wie gehen Sie mit Druck im Alltag um?
Halmageanu: Beim Traineeprogramm haben wir uns oft mittels Rollenspielen in potentiell schwierige Situationen hineinversetzt. Die haben uns manchmal zum Heulen gebracht, weil wir uns da so intensiv in die jeweilige Krise hineingedacht haben. Das war unglaublich hilfreich. Unsere Trainee-Gruppe trifft sich immer noch regelmäßig zum Lerncoaching – diese Vernetzung und gegenseitige Unterstützung hilft mir sehr dabei, mit dem Druck umzugehen, den eine Leitungsposition manchmal mit sich bringt. Am meisten hilft mir aber, dass ich meine Arbeit sehr liebe und jeden Tag aufs Neue dazulernen will. Mir ist daher ein reger Austausch mit und die Beteiligung von meinen Mitarbeitern enorm wichtig. Und auch der Mut, Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen. Mein Motto lautet: „Schlechte Fragen gibt es nicht!“. Das sage ich auch unseren Auszubildenden.
Was raten Sie jungen Leuten oder auch Quereinsteigern, die einen sozialen Beruf ergreifen wollen?
Halmageanu: Nur wer einen starken Impuls hat, zu helfen, wird in der Pflege glücklich – darüber sollte man sich unbedingt im Klaren sein. Dann kann man richtig Karriere machen. Hier kann der Pflegehelfer zum Geschäftsführer werden – das finde ich unglaublich faszinierend! Es ist ganz wichtig für das Image der Pflege, dass die Menschen stolz auf das sind, was sie tun. Dann kann man auch andere dafür begeistern.
Sie haben parallel zu Ihrer beruflichen Karriere eine Familie gegründet. Wie gut klappt die Vereinbarung von Job und Familie für Sie?
Halmageanu: Bei vielen Kolleginnen und Kollegen sehe ich, wie schwierig es oft ist, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Der Arbeitstag in der Pflege beginnt meist um 6 Uhr morgens – das ist zu früh für die meisten Betreuungsangebote. Wer hier keine anderen Möglichkeiten hat, für den ist es schwer. Zum Glück hatten wir bei beiden Kindern vor allem in der Anfangszeit familiäre Unterstützung. Mein Schwiegervater hat meine Tochter morgens betreut und dann zur Tagesmutter gebracht. Als mein Sohn geboren wurde, ist sogar meine Mutter aus Rumänien zu uns gezogen und hat uns bei der Kinderbetreuung sehr unterstützt. So konnte mein Mann weiter arbeiten und ich sehr schnell nach der Elternzeit ebenfalls wieder auf Vollzeit gehen, mich weiterbilden und anspruchsvolle Leitungsaufgaben übernehmen. Dieses Defizit in der Kinderbetreuung würde ich gerne ändern und ich bin optimistisch, dass wir in der Evangelischen Heimstiftung da zukünftig bessere Lösungen finden.
Wie erholen Sie sich nach einem besonders stressigen Arbeitstag?
Halmageanu: Da reicht es eigentlich, wenn ich die Haustür zuziehe. Ich lebe immer ganz im Moment – während der Arbeit bin ich ganz fokussiert und zu 100 Prozent da, zuhause schalte ich ab und bin ganz bei meiner Familie. Das habe ich auch erst mit der Zeit gelernt und ist als Ausgleich und zum Auftanken für mich total wichtig.
Interview: Diakonie/Verena Manhart