Petra K. (34), Einrichtungsleiterin: „Raus aus der Jammerkultur!“
Anlässlich des bundesweiten Aktionstags Pflege der Diakonie besuchte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik (dritte von links), das Pflegeheim „Haus Müggelspree“ in Berlin-Köpenick. Es gehört zur Stephanus-Stiftung, einem Träger der Diakonie. Dort sprach sie mit Einrichtungsleiterin Petra K. (zweite von rechts), die erst 34 Jahre alt ist.

Frau K., wie kam es dazu, dass Sie so jung Einrichtungsleiterin wurden?
Ich habe zuerst etwas ganz anderes studiert, unter anderem Islamwissenschaften, und neben dem Studium in der Pflege gearbeitet. Schon nach der ersten Schicht war ich total begeistert, weil das ein tolles Haus war, tolle Bewohner, ein tolles Team, und mir neben dem sehr theorielastigen Studium die direkte Arbeit mit Menschen sehr zugesagt hat. Mir war klar, dass ich in diese Richtung gehen wollte, und so habe ich den dortigen Einrichtungsleiter gefragt: „Was muss ich tun, um eines Tages Ihren Job zu machen?“ Weil mir der Weg über die Ausbildung zur Altenpflegerin zu lange dauerte, habe ich nebenberuflich Sozialmanagement studiert und währenddessen als „Trainee zur Einrichtungsleitung“ in der Stephanus-Stiftung angefangen. Ich war die erste, die dieses Programm absolviert hat. Danach habe ich ein Jahr als Referentin der Geschäftsführung gearbeitet und bin jetzt seit zweieinhalb Jahren Einrichtungsleiterin im Haus Müggelspree.
Wurden Sie als junge Einrichtungsleitung von den meist älteren Mitarbeitenden denn akzeptiert?
Ich weiß, dass ich für manche Mitarbeitenden sehr jung bin. Ich habe Mitarbeiter, die sagen: „Sie könnten meine Tochter sein.“ Aber in der Funktion und je nachdem wie man auch als Typ auftritt, wird man sehr schnell akzeptiert. Der Vor- und Nachteil der Pflege sind ja die starren Hierarchien. Es ist klar, ich bin die Leitung des Hauses, und das wurde nicht wirklich infrage gestellt.
Wie lautet Ihr Appell an die Pflegekräfte?
Mein Appell ist: Kommt raus aus der Jammerkultur und der Opferrolle und seht eure Stärken! Es gibt ganz viel Fachwissen und Kompetenz in der Pflege und so viele gute, fitte Pflegekräfte, die selbstbewusster auftreten müssten. Und ganz klar sagen müssten: Wir leisten gute Arbeit! Diese ganzen Skandale, von denen man immer hört, gibt es auch, aber es gibt genauso ganz tolle Pflegeeinrichtungen, bei denen es nicht nur darum geht, den Standard aufrecht zu erhalten, sondern wo es tolle Konzepte gibt und versucht wird, das Interesse am Menschen auszuleben. Man sagt ja: „Pflege kann jeder.“ Aber nein: Pflege kann nicht jeder.
Und was möchten Sie anderen Einrichtungsleiter*innen sagen?
Auch da ist mein Appell: Raus aus der Jammerkultur! Schimpfen Sie nicht immer über die Mitarbeitenden, sie sind unser höchstes Gut. Zeigen Sie Verständnis für die Bedenken, die da sind, aber nehmen Sie die Mitarbeitenden durch Transparenz in der Führung mit. Trauen Sie sich, andere Wege zu gehen! Man muss da auch einiges aushalten können, die Mitarbeitenden freuen sich nicht immer über alle Ideen. Aber ich glaube, man muss sie von Anfang an involvieren und ihnen sagen: Es geht nicht darum, dass ihr mehr machen sollt, sondern dass wir die Arbeit so gestalten, dass sie euch mehr Spaß macht oder leichter wird oder dass sich die Bewohner so darüber freuen, dass ihr wieder eine positive Resonanz von ihnen bekommt! Ich glaube, dass Führungskräfte gefragt sind, den positiven Blick auf den Arbeitsbereich beizubehalten.
Text und Audiointerview: Diakonie/Maja Roedenbeck Schäfer